Der nachfolgende Beitrag entstand dadurch, dass ein ehemaliger Kursteilnehmer Marcello Fotos von roten Becherlingen zuschickte mit dem Hinweis, dass ihn dies vielleicht interessieren würde, da es sich um Frühjahresfunde handelte. Daraus entstand eine Diskussion zu den roten Becherlingen zwischen Pilzfachkundigen, die das Thema ganz gut auf den Punkt bringt. Ich bedanke mich bei allen Beteiligten für ihr Einverständnis zur Veröffentlichung der Diskussion und für das zur Verfügung stellen der Bilder!
Knut aus dem Allgäu hatte Marcello Ende März 2018 Fotos von roten Becherlingen (Titelbild) gesandt und folgendes dazu geschrieben: „… Auf dem Heimweg habe ich dann am Flüsschen die nähere Umgebung angeschaut und etwas für Dich gefunden, dass Dir sicher gefällt. Das tolle Rot hat mich jedenfalls sofort aus den Socken gehauen, die Pilze waren in Massen und direkt am Wasser zwischen Weiden, Fichten und auch Buchen.“
Marcello ging über die Bücher und antwortete ihm folgendes:
„Meiner Meinung nach gibt es 3 rote Becherlinge, die im Winter bis Mai fruktifizieren. Alle an Holzresten. Alle 3 Arten sind sich sehr ähnlich.
– Scharlachroter Kelchbecherling, Sarcoscypha coccinea, mit weissem Rand an der Oberfächengrenze, Stiel kurz (wenn überhaupt vorhanden), Fleisch weißlich bis hell-gelblich mit roter Innenschicht.
– Österreichischer Prachtbecherling, Sarcoscypha austriaca, mit einem deutlichen Stiel bis 4 cm lang, Rand lange eingerollt, Fleisch weißlich bis hell-gelblich mit roter Innenschicht, wachsartig, dünn.
– Linden Kelchbecherling, Sarcoscypha jurana, Aussenseite eher rötlich, weisslich nur bei eingetrockneten Exemplaren, filzig, mit Stiel bis 3 cm, Fruchtschicht dünn.
In der Literatur wird auch eine weitere Art, Sarcoscypha emarginata, erwähnt. Einige Autoren fassen Sarcoscypha jurana und Sarcoscypha emarginata zusammen, 123pilze.de auch, da die Unterscheide nicht wirklich gut trennbar sind.
Ich bin der Meinung, dass es sich um den Scharlachroten oder den Österreichischen handelt. Von den Bildern her tippe ich eher auf den Scharlachroten.“
Da Marcello noch nie im Winter oder Frühjahr rote Becherlinge gefunden hatte, holte er bei zwei ausgewiesenen Pilzexperten eine Zweitmeinung ein:
– Wolfgang Bachmeier aus Passau antwortete wie folgt:
„Ja ich denke, du liegt zu ca. 90 % richtig …, aber leider mit etwas Vorbehalt. Alle diese Arten sind oft nur mikroskopisch erst sicher bestimmbar – leider! Durchaus sehen sie sich oft makroskopisch so ähnlich, dass diverse Fehlbestimmungen möglich sind!“
– Martin Urben aus Leukerbad schrieb:
„Da hast du gestaunt was! Die roten Kelch- oder Prachtbecherlinge sind im Spätwinter und Vorfrühling eine echte Augenweide. Zwischen dürrem Laub auf morschem Holz sehen sie mit ihrer Signalfarbe schon fast unnatürlich aus. Die verschiedenen Arten hast du richtig aufgezählt. Auch dass S. emarginata synonym zu S. jurana ist, stimmt.
Laut H. O. Baral gibt es zurzeit 5 Arten. 3 Arten sind in unseren Breiten sicher vertreten. Nachfolgend noch je ein Bild von S. coccinea (l.) und S. austriaca (r.):
S. coccinea und S. austriaca kommen meistens auf morschem und vermoostem Erlenholz in Auenwälder vor. S. jurana auf morrschem Lindenholz. Diese Becherlinge makroskopisch nach Arten zu bestimmen ist nicht möglich. Nur mikroskopisch kann man sie sicher bestimmen. Ich habe schon S. coccinea auf morschem Lindenholz gefunden. Ohne mikroskopische Untersuchung wäre S. jurana daraus geworden. Alle Arten können mit oder ohne Stiel vorkommen, auch einen weissen Rand können alle haben (je nach Feuchtigkeit).“