Nicht schlecht staunte ich, als ich 22. September 2015 an einem Wegrand beim Tannholz, Embrach, dieses haarige Büschel entdeckte. Höhe und Durchmesser betrugen ca. 10 cm, die einzelnen Haare waren schwarz und außergewöhnlich stark (fast wie Hundetasthaare), zum Teil trugen sie kleine schwarze Verdickungen am Ende.
Neben dem „Hauptfruchtkörper“ befanden sich kleinere „Nebenfruchtkörper“, die fest mit dem Boden verbunden schienen.
Da mir das Gebilde völlig unbekannt war, durchforstete ich zuhause erst einmal die Literatur – erfolglos – und kehrte zwei Tage später an den Fundort zurück.
Das Gebilde war noch da, allerdings waren die Haare nun zerzaust und die „Nebenfruchtkörper“ verschwunden. Ich entfernte es vom Boden und stellte fest, dass es auf einer Art Kot fruktifizierte.
Zuhause bewahrte ich es draußen in einer Papiertasche auf und schickte die Bilder davon erst einmal an einige Kollegen. Da positive Rückmeldungen ausblieben, entschied ich mich, das Gebilde in die VAPKO-Woche nach Landquart mitzunehmen, die wenige Tage später stattfand.
Als ich zwei Tage später die Papiertasche konsultierte um nachzuschauen, ob das Gebilde bis dann halten würde, staunte ich erneut; dem Substrat waren neue „Haare“ gewachsen!
Diesmal wirkten sie eher weiß; die Verdickungen am Ende waren gelb. Ich war mir sicher, dass es sich um einen Pilz handelt – nur welcher?
In der VAPKO-Woche führte das Gebilde dann fast zu einem Streit. Gute Pilzexperten lehnten meine Pilzthese rundweg ab. Einige entzündeten einen Teil davon und deklarierten den Geruch als „eindeutig verbrannte Haare“.
Erst als ich nach weiteren Recherchen im Internet ein sehr ähnlich aussehendes Foto entdeckte, das mit Pilobulus cristallinus bezeichnet war, verstummten die Kontrahenten.
Der Ausbildungsleiter, von Beruf Wildhüter, untersuchte das Substrat und legte sich aufgrund der Struktur auf Frischlingskot fest.
Ich mikroskopierte die Haare und speziell ihre Verdickungen, sowohl vom Erstfund als auch vom nachgewachsenen Bereich und entdeckte dabei viele Pilzsporen.
Prof. Heinz Clé-
mençon, dem ich meine Bilder und Überlegungen schickte, lehnte den Pilobulus cristallinus aufgrund verschiedener Abweichungen ab, bestätigte aber die Zugehörigkeit zu den Zygomyceten.
Zuhause befeuch-
tete ich einen Teil des Fundes und bewahrte ihn wieder in einer Papiertasche auf, mit dem Resultat, dass nach wenigen Tagen die erneute Bildung von haarähnlichen Auswüchsen erfolgte, Farbe eher grau, Länge bis ca. 8 cm, mit schwarzen Endpunkten (in jüngeren/kürzeren Stadien gelbe Endpunkte). Mit all den gewonnen Informationen recherchierte ich weiter und gelangte zur Gattung Phycomyces, die zu den Mucorales gehört – genauer noch zu den beiden etwas bekannteren beschriebenen Arten P. blakesleeanus und P. nitens. Obwohl die meisten im Internet publizierten Bilder, die mit meinem Fund praktisch identisch sind, dem P. blakesleeanus zugeordnet werden, legte ich mich aufgrund der Sporengrösse von 18-25 x 10-12 Mikrometer zuletzt auf P. nitens fest; dies aufgrund einer recht seriös wirkenden Quelle, welche die Sporengrösse beider Arten angab und darauf hinwies, dass sie in der Vergangenheit wohl oft verwechselt worden waren. Bis zur nächsten Widerlegung verbleibe ich bei dieser Bestimmung!